Was ist der SOFR-Referenzzinssatz?
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Was ist der SOFR-Referenzzinssatz?

Was ist der SOFR-Referenzzinssatz?

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Aktualisiert May 16, 2025
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Zusammenfassung:

  • SOFR steht für Secured Overnight Financing Rate und ist ein zentraler Referenzzinssatz für eine Vielzahl von Finanzprodukten – von Krediten bis hin zu Zinsderivaten.

  • Er wurde als transparentere Alternative zum USD-LIBOR eingeführt und spiegelt die tatsächlichen Finanzierungskosten auf dem US-Repo-Markt wider.

  • Nachdem die Schwächen des LIBOR während der Finanzkrise 2008 offenkundig wurden, ist der SOFR inzwischen zum bevorzugten Referenzzinssatz für USD-basierte Finanzkontrakte geworden.

  • SOFR-Futures, die an der Chicago Mercantile Exchange (CME) gehandelt werden, ermöglichen es Marktteilnehmern, sich gegen Zinsrisiken abzusichern oder auf die Entwicklung künftiger Zinssätze zu spekulieren.

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Was ist der SOFR-Referenzzinssatz?

SOFR steht für Secured Overnight Financing Rate. Es handelt sich um einen Referenzzinssatz, der angibt, zu welchen Konditionen sich Marktteilnehmer über Nacht Geld leihen können, wenn sie dafür US-Staatsanleihen als Sicherheit hinterlegen. Man kann sich den SOFR wie eine tägliche Momentaufnahme der durchschnittlichen Finanzierungskosten in einem großen, liquiden Markt vorstellen, in dem Banken und andere Finanzinstitute kurzfristig Bargeld gegen Staatsanleihen tauschen.

Die Federal Reserve Bank of New York ermittelt den SOFR in Zusammenarbeit mit dem Office of Financial Research (OFR) des US-Finanzministeriums. Der Zinssatz basiert auf tatsächlichen Transaktionen im Repo-Markt, in dem sich Finanzinstitute über Nacht Barmittel – unterlegt durch US-Staatsanleihen – leihen.

Überblick

Im Unterschied zum LIBOR, der auf Schätzungen der Banken beruhte, welchen Zinssatz man sich gegenseitig berechnen würde, basiert der SOFR auf echten Repo-Geschäften („Repurchase Agreements“ bzw. Rückkaufvereinbarungen). 

Der SOFR wird täglich gegen 8:00 Uhr New Yorker Zeit veröffentlicht und basiert auf den Transaktionen des vorangegangenen Geschäftstags. Er bietet eine verlässliche Momentaufnahme der Übernacht-Finanzierungskosten. Dank seiner transaktionsbasierten Berechnungsmethodik und der direkten Ableitung aus einem Markt mit einem täglichen Handelsvolumen von über einer Billion USD gilt der SOFR als besonders verlässliche Benchmark.

Bis 2023 wurde der LIBOR größtenteils abgeschafft, und der SOFR trat an seine Stelle als zentraler Referenzzinssatz für eine breite Palette von Finanzprodukten, von Unternehmenskrediten bis hin zu komplexen Derivaten oder Handelsgeschäften an der Wall Street.

Datenbasis

Der SOFR basiert auf tatsächlichen Repo-Geschäften, bei denen sich Marktteilnehmer gegen die Hinterlegung von US-Staatsanleihen Barmittel leihen und sich verpflichten, diese am nächsten Tag zurückzuzahlen. Für die Berechnung des SOFR werden Daten aus drei Hauptarten von Repo-Transaktionen verwendet:

  • Drittpartei-Repos: Ein Dritter, beispielsweise eine Bank, wickelt den Tausch von Barmitteln gegen Sicherheiten ab.

  • General Collateral Financing (GCF)-Repos: Diese Repos laufen über die zentrale Clearingstelle Fixed Income Clearing Corporation (FICC).

  • Bilaterale Repos: Direktgeschäfte zwischen zwei Parteien, die ebenfalls über die FICC abgewickelt werden.

Die New York Fed berechnet aus den Zinssätzen all dieser Geschäfte einen volumengewichteten Median. Angesichts eines täglichen Handelsvolumens am Repo-Markt von über einer Billion USD gewährleistet dieses Verfahren eine realitätsnahe Abbildung der Marktbedingungen und reduziert die Wirkung von Ausreißern und Verzerrungen. 

Zusätzlich veröffentlicht die New York Fed ergänzende Kennzahlen wie das gesamte Handelsvolumen sowie Zinsstatistiken, etwa die oberen und unteren 10 % der beobachteten Zinssätze. Alle Daten, einschließlich historischer Werte, sind auf der Website der New York Fed einsehbar.

Gleitende Durchschnitte und SOFR-Index

Der täglich neu berechnete SOFR spiegelt immer nur den vorangegangenen Tag wider. Für viele Finanzprodukte wie Krediten oder Anleihen reicht dies aber nicht, da sie längere Laufzeiten haben. Deshalb verwendet man gleitende Durchschnitte („SOFR Averages“) und den SOFR-Index. Gleitende SOFR-Durchschnitte über 30, 90 und 180 Tage glätten tägliche Schwankungen und liefern einen konstanten Referenzwert. Zusätzlich wurde 2018 der SOFR-Index eingeführt, der zeigt, wie sich ein täglich mit dem SOFR verzinster Geldbetrag im Zeitverlauf entwickelt. Der Index erleichtert die Berechnung von Zinszahlungen bei komplexen Finanzgeschäften.

Dank der gleitenden Durchschnitte und des SOFR-Index dient der SOFR als Grundlage für verschiedene Arten von Finanzprodukten, wie z. B. variabel verzinste Hypotheken oder Unternehmensanleihen.

Relevanz des SOFR in der Finanzwelt

Der Wechsel vom LIBOR zum SOFR war ein Mammutprojekt. Eine Vielzahl von Finanzkontrakten und Systemen mussten angepasst werden. Doch die klare Methodik und die Ausrichtung an internationalen Standards haben dem SOFR schnell zu breiter Akzeptanz verholfen.

Heute dient der SOFR als Referenzzinssatz für eine Vielzahl von Finanzprodukten, darunter:

  • Kredite: Vom Unternehmenskredit bis zur variabel verzinsten Hypothek.

  • Derivate: Dazu gehören Zinsswaps und Futures, mit denen man sich gegen Zinsrisiken absichern oder auf Zinsentwicklungen spekulieren kann.

  • Anleihen und Wertpapiere: Etwa Unternehmensanleihen oder hypothekenbesicherte Wertpapiere.

  • Finanzierungen im Alltag: Beispielsweise variabel verzinste Verbraucherkredite oder potenziell auch Studienkredite.

Vorteile des SOFR

  • Schwer manipulierbar: Der SOFR basiert auf tatsächlich abgeschlossenen Repo-Geschäften und ist dadurch deutlich weniger manipulationsanfällig als sein Vorgänger LIBOR.

  • Hohe Stabilität: Aufgrund des enormen Handelsvolumens am US-Repo-Markt bleibt der Zinssatz auch in turbulenten Marktphasen vergleichsweise stabil.

  • Geringes Risiko: Dank der Besicherung durch Staatsanleihen ist das Risiko sehr gering.

  • Breite Unterstützung: Der SOFR wird vom Alternative Reference Rates Committee (ARRC) empfohlen und entspricht internationalen Standards.

Nachteile des SOFR

  • Tagesgeldcharakter: Der SOFR ist ein reiner Übernacht-Zinssatz und kann nicht ohne Weiteres für längerfristige Finanzierungsgeschäfte verwendet werden.

  • Übergangskosten: Die Ablösung des LIBOR machte die Anpassung unzähliger Finanzkontrakte und Systeme erforderlich – ein komplexer und aufwändiger Prozess für alle Marktteilnehmer.

  • Kurzfristige Schwankungen sind möglich: In Phasen erhöhter Marktunsicherheit kann der SOFR kurzfristig stark schwanken, auch wenn er insgesamt als sicherer gilt als viele andere Referenzzinssätze.

SOFR-Futures

SOFR-Futures sind Derivate, mit denen sich Anleger gegen Zinsschwankungen absichern oder auf die zukünftige Entwicklung des SOFR spekulieren können. Sie werden hauptsächlich an der Chicago Mercantile Exchange (CME) gehandelt und sind zu einem praktischen Instrument für die Steuerung von Zinsrisiken sowie renditeorientierte Strategie geworden.

Die zwei wichtigsten Arten von SOFR-Futures

SOFR-Futures sind standardisierte Kontrakte, die die Markterwartung für den durchschnittlichen SOFR über einen bestimmten Zeitraum widerspiegeln. Sie können zur Absicherung gegen bestimmte Zinsentwicklungen oder zur Spekulation auf diese verwendet werden. Die zwei wichtigsten Arten von SOFR-Futures sind:

  • 1-Monats-SOFR-Futures: Spiegeln die Markterwartung für den durchschnittlichen SOFR über einen Monat wider. Ein Basispunkt entspricht einem Wert von 25 USD.

  • 3-Monats-SOFR-Futures: Spiegeln die Markterwartung für den Drei-Monats-Durchschnitt wieder. Ein Basispunkt entspricht einem Wert von 12,5 USD.

Die Abrechnung erfolgt in Cash: Am Ende der Laufzeit werden keine Wertpapiere ausgetauscht, sondern es wird die Differenz zum tatsächlichen Durchschnittszinssatz in Barmitteln beglichen.

Anwendung

Angenommen, eine Bank befürchtet, dass der SOFR stark steigen wird (damit würden Kredite teurer), dann kann sie sich durch den Kauf von SOFR-Futures gegen dieses Risiko absichern. Umgekehrt kann ein Anleger, der fallende Zinssätze erwartet, SOFR-Futures verkaufen und einen Gewinn erzielen, wenn er richtig liegt.

Der Preis der Futures wird mit folgender Formel berechnet: 100 – erwarteter SOFR. Der Wert hängt also von der Markterwartung ab. Die Futures-Kontrakte werden täglich durch die CME abgerechnet. Dadurch ist sichergestellt, dass man nicht von plötzlichen Marktbewegungen überrascht wird.

Nutzen von SOFR-Futures

  • Risikomanagement: Finanzinstitute setzen SOFR-Futures ein, um sich gegen Zinsrisiken bei SOFR-basierten Krediten, Swaps oder anderen Instrumenten abzusichern.

  • Markteinblicke: Die Futures-Preise spiegeln die Markterwartungen für zukünftige SOFR-Sätze wider und liefern wertvolle Hinweise für Marktanalysen und geldpolitische Entscheidungen.

  • Ermittlung von „Term SOFR Rates“: SOFR-Futures-Daten fließen in die Ermittlung zukunftsgerichteter SOFR-Terminzinssätze („CME Term SOFR Rates“) ein, die anstelle des LIBOR verwendet werden können.

Vergleich mit anderen Referenzzinssätzen

Der SOFR ist nicht der einzige Referenzzinssatz. Er unterscheidet sich jedoch in einigen Punkten von anderen wichtigen Benchmarks:

  • SOFR vs. LIBOR: Der SOFR basiert auf tatsächlichen Finanztransaktionen und gilt als vergleichsweise sicher. Der LIBOR beruhte hingegen auf Schätzungen und war mit höheren Risiken verbunden. Der LIBOR bezog sich zudem auf bestimmte Laufzeiten (z. B. drei Monate), während beim SOFR Berechnungen erforderlich sind, um Referenzzinssätze für längere Zeiträume zu ermitteln.

  • SOFR vs. Federal Funds Rate: Der SOFR basiert auf dem Repo-Markt, bei dem Wertpapiere (in diesem Fall US-Staatsanleihen) als Sicherheiten hinterlegt werden. Im Gegensatz dazu gilt die Federal Funds Rate für unbesicherte Übernachtkredite zwischen Banken. Der SOFR deckt ein deutlich größeres Marktsegment ab und ist wegen der Besicherung tendenziell stabiler.

  • SOFR vs. andere risikofreie Referenzzinssätze: Ähnlich wie €STR (Euro Short-Term Rate) oder SONIA (Sterling Overnight Index Average) ist der SOFR ein risikofreier Referenzzinssatz. Er ist insofern einzigartig, als er sich ausschließlich auf den US-Repo-Markt bezieht.

Nicht zuletzt wegen der Besicherung durch Staatsanleihen ist der SOFR die ideale Benchmark für USD-basierte Geschäfte.

Wirken sich Änderungen des SOFR auf die Kryptomärkte aus?

Der SOFR hat zwar keinen direkten Einfluss auf die Kryptopreise, kann aber Hinweise auf die Marktstimmung liefern. Als Referenzzinssatz für Übernachtfinanzierungen spiegelt er Zinsniveau und Liquidität im traditionellen Finanzsystem wider. 

Steigt der SOFR, werden Kredite in der Regel teurer. Dies kann Anleger veranlassen, riskantere Investments wie Kryptowährungen zu überdenken. Wenn die US-Notenbank die Geldpolitik strafft und die Zinsen dadurch steigen, fallen die Kryptopreise oft, weil die Anleger in sicherere Anlagen wie Anleihen umschichten.

Ein niedriger SOFR motiviert Anleger hingegen, verstärkt nach Renditegelegenheiten zu suchen, und kann die Nachfrage nach spekulativen Vermögenswerten wie Bitcoin ankurbeln. Die an der CME gehandelten SOFR-Futures spiegeln zudem die Zinserwartungen großer Anleger wider und können so indirekt die Stimmung am Kryptomarkt beeinflussen.

Fazit

Die Einführung des SOFR stellte einen Paradigmenwechsel in der Finanzwelt dar. Als transparente und verlässliche Alternative zum LIBOR wird er heute als Referenzzinssatz für Kredite, Derivate und viele weitere Finanzprodukte genutzt. SOFR-Futures schaffen zusätzliche Flexibilität und ermöglichen es Anlegern, sich gegen Zinsrisiken abzusichern oder auf die Entwicklung der Zinssätze zu spekulieren. Da der SOFR auf tatsächlichen, durch US-Staatsanleihen besicherten Repo-Geschäften basiert, gilt er als stabile Benchmark.

Wer sich näher mit dem Thema beschäftigen möchte, findet auf den Webseiten der New York Fed und der CME Group umfassende Daten und Analysen.

Weiterführende Lektüre

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